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Enerige & Management > E&M Vor 20 Jahren - „Keine Kriegserklärung an das RWE“
Quelle: Trianel
E&M VOR 20 JAHREN:
„Keine Kriegserklärung an das RWE“
Im Sommer 2004 ließ eine Gruppe von Stadtwerken aufhorchen, als sie gemeinsam mit Trianel Energy die Pläne für ein großes GuD-Kraftwerk vorstellten.
 
Gaskraftwerke sollen die Flexibilität bereitstellen, die das Stromsystem für die Transformation in der Energiewende benötigt. In den vergangenen Wochen und Monaten konnte man immer wieder von Neubauplänen lesen. Wasserstoff-ready sollen die Anlagen auch sein. Wasserstoff war vor 20 Jahren noch kein Thema, wohl aber die Kombination von Gas- und Dampfturbinen für die Energieerzeugung, die einen hohen Wirkungsgrad bei vergleichsweise geringen Emissionen gewährleistet. Und schließlich wollten die kommunalen Versorger mit neuen Kraftwerken der Marktmacht der großen RWE und Co. etwas entgegensetzen.

Über die Pläne der Trianel für ein GuD-Kraftwerk in Hamm-Uentrop, das 2007 ans Netz ging, berichtete der damalige E&M-Chefreporter Ralf Köpke. Hier sein Beitrag vom Sommer 2004.


 
Ein Hauch von kommunalem Kampfgeist lag in der Luft: „Wir wollen unsere Beschaffungsmöglichkeiten optimieren, um so auch für uns eine Alternative zu den vier marktbeherrschenden Konzernen zu schaffen.“ Walter Oppermann, Geschäftsführer der Stadtwerke Hamm, begründete ruhig, aber entschieden, warum sich sein Unternehmen an dem im Hammer Stadtteil Uentrop geplanten Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) mit einer Gesamtleistung von 800 MW beteiligt. Dabei handelt es sich um das Vorhaben, das die Trianel European Energy Trading GmbH Ende Juli erstmals angekündigt hatte.

Gut zwölf Millionen Euro will der Hammer Kommunalversorger in die Hand nehmen, um sich so eine „Scheibe“ von 28 MW an dem Projekt zu sichern. Damit wird sich ab Herbst 2007, wenn das Kraftwerk den ersten Strom erzeugt, die Eigenstromerzeugung des Hammer Kommunalversorgers von zehn auf rund 30 Prozent erhöhen.

Nicht nur die Westfalen sind bei dem GuD-Projekt mit von der Partie. Insgesamt acht Stadtwerke und kommunale Energiebündnisse haben ihren Beitritt zur Trianel Power Projektentwicklung GmbH & Co. KG (TPPE) erklärt, die für die Planung, den Bau und den Betrieb der Anlage zuständig sein wird. In dieser breiten kommunalen Basis sieht Trianel-Geschäftsführer Christian Becker das Novum des Vorhabens: „Zum ersten Mal schließen sich zahlreiche Stadtwerke ohne die Beteiligung eines Energiekonzerns zusammen, um ein Großkraftwerk zu bauen“.

Ursprünglich geplante Kapazität wurde verdoppelt

Das Interesse an dem GuD-Projekt sei so groß, dass sich die Trianel-Gesellschafter entschlossen haben, die ursprüngliche Kapazität von 400 MW zu verdoppeln. Trianel wird selbst mit 50 MW zu den Betreibern des Kraftwerkes in Hamm gehören. Bislang sind nach Beckers Worten rund 600 MW an die Gesellschafter vergeben: „Wir haben 25 Prozent noch für weitere Interessierte freigehalten.“

Auf gut 400 Mio. Euro belaufen sich die Investitionen für die beiden GuD-Blöcke, die im Süden Hamms auf dem Gelände des dortigen Polyester- und Kunststoff-Herstellers DuPont gebaut werden.

Die Entscheidung für Hamm ließ auch Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) zur Vorstellung des Kraftwerksprojektes eilen – schließlich findet in wenigen Wochen die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen statt. „Das ist die beste Entscheidung seit langem“, zeigte sich der Verwaltungschef sichtbar zufrieden über die Standortwahl von Trianel. Hamm konnte sich im Wettbewerb gegenüber vier weiteren Standorten im Rheinland, Norddeutschland und gegen das benachbarte Lünen-Lippholthausen durchsetzen. Der endgültige Beschluss, das Kraftwerk in Hamm zu bauen, soll im ersten Quartal kommenden Jahres fallen.

Bis dahin dürften sich die Pluspunkte, die für das DuPont-Gelände sprechen, nicht groß ändern. So ist das Grundstück bereits für Kraftwerke ausgewiesen, was langwierige Genehmigungsverfahren überflüssig macht – was wichtig ist, um den Betriebsbeginn im Herbst 2007 schaffen zu können. Nur so können die Initiatoren bei dem angestrebten Wirkungsgrad von 57,5 Prozent in den Genuss der fünfjährigen Befreiung von der Erdgassteuer kommen – enorm wichtig für die Wirtschaftlichkeit des Projektes.

Weitere Vorteile für Hamm sind die vorhandenen Kühlwasser-, Strom- und Erdgasanbindungen. Dass von gleich drei Unternehmen – Eon Ruhrgas, RWE Gas und Wingas – Leitungen an Hamm vorbeiführen, will Trianel-Geschäftsführer Becker für die Verhandlungen um den Gasliefervertrag nutzen. Immerhin wird das Kraftwerk jährlich rund 8,3 Milliarden kWh Brennstoff verbrauchen. Der Bezugsvertrag soll über 15 Jahre laufen. Insgesamt will Becker „mit einem halben Dutzend“ Gaslieferanten verhandeln, darunter auch Firmen aus dem Ausland: „Ganz klar ist, dass wir einen Hauptlieferanten präferieren“.

Nicht nur die logistischen Voraussetzungen sprechen nach Einschätzung Beckers für Hamm. Es gibt eine klare Unterstützung von Politik und Verwaltung aus der Region für das GuD-Kraftwerk. Deshalb erwartet Trianel keine Schwierigkeiten mit der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg. Dank all dieser „günstigen Voraussetzungen“ erwartet der Trianel-Chef, dass das Hammer GuD-Kraftwerk noch vor den seit langem geplanten Projekten in Lubmin und Hürth in Betrieb gehen wird.

Ein neues Kohlekraftwerk ebenfalls vorstellbar

Keine Reaktion auf den Plan, in Hamm 400 Mio. Euro investieren und damit 50 feste Arbeitsplätze schaffen zu wollen, hat Becker vorerst aus der Landeshauptstadt Düsseldorf vernommen: „Bislang hat es weder Rücken- noch Gegenwind gegeben“.

Was so oder so zu werten ist. Das von der britischen Intergen-Gruppe geplante GuD-Kraftwerk in Hürth bei Köln hat die NRW-Landesregierung mehr blockiert denn gefördert, was im vergangenen Jahr mit zu der rot-grünen Koalitionskrise führte. Zu den Bremsern zählte auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der frühere NRW-Ministerpräsident, der immer wieder die Durchführungsverordnung für die Erdgassteuer-Befreiung verzögerte. Das Intergen-Projekt liegt mitten im rheinischen Braunkohlenrevier, dem Stammland des RWE-Konzerns.

Eine Konkurrenz zu den zwischen Rhein und Weser produzierenden Steinkohlekraftwerken sei das Uentroper Projekt keineswegs, beeilte sich der Hammer Oberbürgermeister zu betonen. Und Gerhard Gabriel, Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum und der Energie- und Wasserversorgung Mittleres Ruhrgebiet GmbH (EWMR), sieht in dem Kraftwerk „keine Kriegserklärung an das RWE“. Das, so Gabriel, ginge auch schlecht, da viele der beteiligten Stadtwerke Gesellschafter der RWE sind oder umgekehrt.

So ein bisschen Pieksen wollen die Stadtwerke die großen Vier aber doch. So hat allein EWMR an die 150 MW beim Hammer GuD-Kraftwerk gebucht, neben der Stadtwerke Aachen AG, die Interesse an 100 MW signalisiert hat, mit der größte Brocken. Die EWMR wird damit mitten im RWE-Versorgungsgebiet demnächst – nach eigenen Angaben – gut ein Drittel ihres Strom selbst erzeugen können.

Wenn es nach Trinanel-Geschäftsführer Becker geht, soll Hamm nicht das einzige und letzte Kraftwerk der Kooperationspartner bleiben: „Ich kann mir auch ein neues Kohlekraftwerk vorstellen, dass wir in Teileigentum erwerben“. Auch das dürfte helfen, den verkrusteten Stromerzeugungsmarkt etwas in Bewegung zu bringen.
 
Bisher beteiligen sich folgende Partner am 800-MW-GuD-Kraftwerk in Hamm:
  • Trianel European Energy Trading GmbH
  • Energie- und Wasserversorgung Mittleres Ruhrgebiet GmbH (Zusammenschluss der Stadtwerke Bochum, Herne, Witten)
  • Stawag Energie GmbH (Aachen)
  • Energiehandelsgesellschaft West mbH (Stadtwerke Ahlen, Fröndenberg, Hamm, Soest, Unna sowie die Gemeinschaftsstadtwerke Kamen-Bergkmanen-Bönen)
  • enwor – energie und wasser vor ort GmbH (Erkelenz)
  • Stadtwerke Osnabrück AG
  • SWK Energie GmbH (Krefeld)
  • Teutoburger Energienetzwerk e.G.
 

Ralf Köpke
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 26.06.2024, 12:07 Uhr

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